Der Bundesfinanzhof hat entschieden: Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit – im Streitfall solche aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage – stehen bei Überschreiten der sogenannten Bagatellgrenze der Umqualifizierung der im Übrigen vermögensverwaltenden Tätigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nicht entgegen.
Sachverhalt
Eine vermögensverwaltende GbR hatte auf einem von ihr vermieteten Grundstück eine Photovoltaikanlage (PVA) errichten lassen, aus deren Betrieb sie zunächst Verluste erwirtschaftete. Dem Finanzamt gegenüber erklärte sie Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken sowie gewerbliche Verluste im Zusammenhang mit der PVA. Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die GbR ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Denn sie habe mit dem Betrieb der PVA eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die auf die im Übrigen vermögensverwaltende Tätigkeit „abgefärbt“ habe. Das Finanzgericht München wies die dagegen gerichtete Klage ab.
Der Bundesfinanzhof hat nun das Urteil der Vorinstanz unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung bestätigt. In 2018 hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass negative Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte einer Personengesellschaft führen (keine Abfärbung). Diese Rechtsprechung wurde aber durch den Gesetzgeber durch die Änderung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 Alternative 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgehebelt – und zwar rückwirkend.
Nach dieser Neuregelung tritt die umqualifizierende („abfärbende“) Wirkung einer originär gewerblichen Tätigkeit (hier: aus dem Betrieb der PVA) einer Personengesellschaft unabhängig davon ein, ob aus dieser Tätigkeit ein Gewinn oder Verlust erzielt wird. Der Bundesfinanzhof erachtet diese Neuregelung und deren rückwirkende Geltung als verfassungsgemäß.
Zudem hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Bagatellgrenze auch bei Anwendung der Neuregelung zu beachten ist. Danach führt eine originär gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft nicht zur Umqualifizierung ihrer im Übrigen freiberuflichen Tätigkeit, wenn
- die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsätze der Personengesellschaft (relative Grenze) und
- zugleich den Höchstbetrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum (absolute Grenze)
nicht übersteigen.
Das gilt auch dann, wenn die Personengesellschaft (wie im Streitfall) neben ihrer originär gewerblichen eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt. Im Streitfall war diese Bagatellgrenze überschritten.
Quelle | BFH-Urteil vom 30.6.2022, Az. IV R 42/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 231997; BFH, PM Nr. 47/22 vom 27.10.2022; Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BGBl I 2019, S. 2451
Die Regelungen der Grundbesitzbewertung sollen an die sogenannte ImmoWertV vom 14.7.2021 (BGBl I 2021, S. 2805) angepasst werden. So steht es im Entwurf für ein Jahressteuergesetz 2022 (BT-Drs. 20/3879 vom 10.10.2022). Da für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zumindest im Einzelfall höhere Werte drohen, ist zu prüfen, ob bereits angedachte Übertragungen vorgezogen werden sollen. Denn die Änderungen sollen bereits am Tag nach der Gesetzesverkündung in Kraft treten.
Die anlässlich einer Jubiläumsveranstaltung erzielten Einnahmen sind nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen auch dann nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn sie erst nach dem 28.2. des Folgejahres nachträglich pauschal besteuert werden. Da die Revision anhängig ist, muss nun das Bundessozialgericht entscheiden.
Sachverhalt
Ein Arbeitgeber hatte am 5.9.2015 anlässlich eines Firmenjubiläums eine Betriebsveranstaltung durchgeführt. Es entstanden Kosten von rund 214.500 EUR (einschl. Umsatzsteuer). Bei der Lohnsteueranmeldung für September 2015 vom 8.10.2015 berücksichtigte der Arbeitgeber diese Kosten zunächst nicht.
Am 31.3.2016 übermittelte der Arbeitgeber dem Finanzamt dann eine korrigierte Lohnsteueranmeldung. Mit dieser meldete er die Lohnsteuer auf den Arbeitslohn aus Anlass der Betriebsveranstaltung mit einem pauschalen Steuersatz von 25 % an (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG)), soweit er den Freibetrag in Höhe von 110 EUR je Teilnehmer überstieg. Auf den Betrag führte er keine Sozialversicherungsbeiträge ab.
Nach einer Betriebsprüfung wurden dann Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von ca. 60.050 EUR nachgefordert. Die Begründung: Nach § 1 Abs. 1 S. 2 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) sind die dort genannten Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nur dann nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen, wenn sie vom Arbeitgeber tatsächlich lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert worden sind.
Eine unzutreffende steuer- und beitragsfreie Behandlung könne grundsätzlich nur bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung – also längstens bis Ende Februar des Folgejahres –durch eine nachträgliche Pauschalbesteuerung geändert werden.
Das Sozialgericht Oldenburg und das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen sahen das aber anders.
Das Finanzgericht Münster hat sich dem Bundesfinanzhof angeschlossen und eine Bagatellgrenze bei Abfärbung von gewerblichen Beteiligungseinkünften abgelehnt. Dennoch wurde die Revision wegen eines bereits anhängigen Verfahrens zugelassen und auch eingelegt. Somit ist der Bundesfinanzhof erneut gefragt. Bis dahin gilt Folgendes:
Freiberufliche oder vermögensverwaltende Personengesellschaften erzielen grundsätzlich keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Da bei gewerblichen Beteiligungseinkünften aber keine Bagatellgrenze greift, führt jede Beteiligung, aus der diese Gesellschaften gewerbliche Einkünfte beziehen, zu einer Umqualifizierung aller weiteren Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb. Eine Umqualifizierung löst aber in diesen Fällen keine Gewerbesteuer aus.
Beachten Sie | Eine Bagatellgrenze gibt es indes, wenn Gesellschaften neben nicht gewerblichen Einkünften auch solche aus einer originär gewerblichen Tätigkeit erzielen. Hier tritt eine „Infizierung“ nicht ein, wenn die gewerblichen Umsätze eine Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.
Quelle | FG Münster, Urteil vom 13.5.2022, Az. 15 K 26/20 E,F, Rev. BFH Az. IV R 18/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 230937; Rev. BFH Az. VIII R 1/22
Wegen steigender Energie- und Nahrungsmittelpreise hat die Ampel-Koalition im September 2022 ein drittes Entlastungspaket geschnürt. Insbesondere steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte werden vorgestellt.
Zahlungen für Rentner und Studenten
Rentner sollen zum 1.12.2022 eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 EUR erhalten. Die Pauschale ist einkommensteuerpflichtig – je niedriger die Rente und die weiteren Einkünfte sind, desto höher ist die absolute Entlastung. Die Auszahlung erfolgt über die Deutsche Rentenversicherung.
Eine entsprechende Einmalzahlung soll es für die Versorgungsempfänger des Bundes geben.
Beachten Sie | Studenten und Fachschüler sollen einmalig 200 EUR erhalten.
Midijobs
Die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich – hier gelten verminderte Arbeitnehmer-Beiträge zur Sozialversicherung – wurde bereits mit Wirkung ab dem 1.10.2022 von monatlich 1.300 EUR auf 1.600 EUR angehoben. Diese Höchstgrenze soll ab dem 1.1.2023 auf 2.000 EUR steigen.
Dadurch sollen Arbeitnehmer in diesem Lohnbereich um ca. 1,3 Mrd. EUR jährlich entlastet werden, da sie weniger Sozialversicherungsbeiträge zahlen.
Umsatzsteuer
Die Absenkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie von 19 % auf 7 % soll verlängert werden, um diese Branche zu entlasten und die Inflation nicht weiter zu befeuern.
Vom 1.10.2022 bis zum 31.3.2024 soll auch für den Gasverbrauch der ermäßigte Steuersatz von 7 % gelten.
Weitere Maßnahmen im Überblick
Ab dem 1.1.2023 soll das Kindergeld um monatlich 18 EUR für das erste und zweite Kind erhöht werden; für das dritte Kind sind 12 EUR geplant.
Um eine Steuererhöhung wegen der Inflation zu verhindern (kalte Progression), sollen die Tarifeckwerte angepasst werden.
Der Bund ist bereit, bei zusätzlichen Zahlungen der Arbeitgeber an ihre Arbeitnehmer einen Betrag von bis zu 3.000 EUR von der Steuer und den Sozialversicherungsabgaben zu befreien.
Kurzarbeitergeld: Die Sonderregelungen sollen über den 30.9.2022 hinaus verlängert werden.
Für energieintensive Unternehmen, die gestiegene Energiekosten nicht weitergeben können, soll ein Programm aufgelegt werden. Unterstützung sollen Unternehmen bei Investitionen in Effizienz- und Substitutionsmaßnahmen erhalten. Bestehende Programme (z. B. das KfW-Sonderprogramm UBR 2022) sollen bis zum 31.12.2022 verlängert werden.
Quelle | Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 3.9.2022: Maßnahmenpaket des Bundes zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zur Stärkung der Einkommen; zur Kindergelderhöhung für das dritte Kind: BMF-Referentenentwurf für ein Inflationsausgleichsgesetz mit Stand vom 6.9.2022