Nach den Vorgaben des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes werden Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern und der zuständigen Behörde des jeweils anderen Staates automatisch ausgetauscht. Das Bundesfinanzministerium hat nun die Staatenaustauschliste 2024 bekannt gegeben. Enthalten sind die Staaten, mit denen der automatische Datenaustausch zum 30.9.2024 erfolgt.
Weitere Informationen zum Informationsaustausch erhalten Sie u. a. auf der Webseite des Bundeszentralamts für Steuern (unter www.iww.de/s2991).
Beachten Sie | Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs verstößt der Finanzkonten-Informationsaustausch nicht gegen Grundrechte und ist verfassungsgemäß.
Quelle | BMF-Schreiben vom 13.6.2024, Az. IV D 3 – S 1315/19/10030 :067, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 242216; BFH-Urteil vom 23.1.2024, Az. IX R 36/21
Der Bundesfinanzhof hat in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden. Danach müssen Steuerpflichtige unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Weil deswegen bereits Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, war nicht mehr zu prüfen, ob die neue Grundsteuer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln unterliegt.
In beiden Streitfällen hatten die Antragsteller beim Finanzgericht erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. Die Bescheide waren auf der Grundlage des neuen Bundesmodells ergangen, das in mehreren Bundesländern (z. B. in Nordrhein-Westfalen) Anwendung findet.
Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab 2025 von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt. Die für die Feststellung des Grundsteuerwerts maßgeblichen Vorschriften enthalten nicht zuletzt wegen der Neubewertung von über
36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen.
Das Finanzgericht hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsvorschriften und gewährte deshalb die beantragte Aussetzung der Vollziehung. Die dagegen erhobenen Beschwerden des Finanzamts hat der Bundesfinanzhof als unbegründet zurückgewiesen.
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Denn die Steuerpflichtigen müssen bei einer Verletzung des Übermaßverbots die Möglichkeit haben, einen niedrigeren Wert nachzuweisen – auch wenn der Gesetzgeber dies nicht ausdrücklich geregelt hat.
Der Gesetzgeber verfügt gerade in Massenverfahren über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot kann aber verletzt sein, wenn sich der Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. Dies setzt nach der Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt – und dies war infolge der Besonderheiten in den Streitfällen nicht auszuschließen.
Merke | Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts ist damit nicht verbunden. Es handelt sich „nur“ um Beschlüsse im Rahmen der summarischen Prüfung des Aussetzungsverfahrens.
Quelle | BFH, Beschlüsse vom 27.5.2024, Az. II B 78/23 (AdV) und Az. II B 79/23 (AdV); BFH, PM Nr. 26/24 vom 13.6.2024
Die Auszahlung einer Direktversicherung nach Ausübung eines vertraglich eingeräumten Kapitalwahlrechts unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz. Gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts Münster ist allerdings die Revision anhängig.
Sachverhalt
Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige mit ihrem damaligen Arbeitgeber die Umwandlung eines Teils ihres Gehalts in Beiträge zu einer Direktversicherung nach dem Betriebsrentengesetz vereinbart. Daraufhin schloss der Arbeitgeber für die Steuerpflichtige eine solche Versicherung mit einer Beitragszahlungsdauer von 14 Jahren ab. Es sollte eine lebenslange monatliche Rente gezahlt werden oder auf Antrag eine einmalige Kapitalabfindung erfolgen.
Im Streitjahr 2019 übte die Steuerpflichtige das Kapitalwahlrecht aus und erhielt ca. 44.500 EUR. Diesen Betrag behandelte das Finanzamt als steuerpflichtige Rente und besteuerte ihn mit dem regulären Steuersatz. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten können als außerordentliche Einkünfte in Betracht kommen, die ermäßigt zu besteuern sind (Fünftel-Regelung). Da es im Streitfall aber an dem Tatbestandsmerkmal der Außerordentlichkeit fehlte, kam keine ermäßigte Besteuerung in Betracht.
Im Hinblick auf die Kapitalauszahlung von Renten kam es nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausschließlich auf die vertragliche Vereinbarung an (keine ermäßigte Besteuerung, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war). In späteren Entscheidungen hat es der Bundesfinanzhof jedoch vielmehr für maßgeblich gehalten, ob das Kapitalwahlrecht nur in atypischen Einzelfällen tatsächlich ausgeübt wird, wofür statistisches Material ausgewertet werden muss.
Vor diesem Hintergrund hat das Finanzgericht Münster nun die Revision mit folgendem Wortlaut zugelassen: „Dem Bundesfinanzhof ist Gelegenheit zu geben, über die Ausschärfung der Kriterien zur Bestimmung der Atypik bei Kapitalauszahlungen von Renten erneut zu entscheiden, da er bei seinen bisherigen Entscheidungen (irrtümlich) davon ausgegangen ist, dass statistisches Material über die Häufigkeit der Ausübung von Kapitalwahlrechten verfügbar ist.“
Merke | Da die Steuerpflichtige die Revision eingelegt hat, können geeignete Fälle mit einem Einspruch bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs offengehalten werden.
Quelle | FG Münster, Urteil vom 24.10.2023, Az. 1 K 1990/22 E, Rev. BFH: Az. X R 25/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 238312
Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist die pauschale Besteuerung (Steuersatz i. H. von 25 %) für Betriebsveranstaltungen auch zulässig für Veranstaltungen, die nicht allen Betriebs-angehörigen offenstehen. Nicht so erfreulich ist dagegen ein Urteil des Bundessozialgerichts, wonach die verspätete Pauschalbesteuerung nicht zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung führt.
Hintergrund
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung) führen zu Arbeitslohn. Dies ist in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geregelt.
Soweit die Zuwendungen den Betrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie jedoch nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn die Teilnahme allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Dies gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 und S. 4 EStG).
Urteil des Bundesfinanzhofs
Ungeklärt war bislang die Frage, ob eine „Betriebsveranstaltung“ auch bei einem geschlossenen Kreis (beispielsweise Vorstands- und Führungskräftefeiern) vorliegt.
Beachten Sie | Dann kann zwar kein Freibetrag i. H. von 110 EUR gewährt werden, aber es wäre eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG mit 25 % möglich.
Diese Frage hat der Bundesfinanzhof (im Gegensatz zur Vorinstanz) nun zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Nach der ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltenden Definition in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG kann eine Betriebsveranstaltung auch dann vorliegen, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Und da diese Definition dem Tatbestandsmerkmal „Betriebsveranstaltung“ in § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG entspricht, ist eine pauschale Besteuerung möglich.
Urteil des Bundessozialgerichts
Im Streitfall des Bundessozialgerichts ging es auch um Betriebsveranstaltungen – und zwar um die Frage, welche Folgen eine verspätete Lohnsteuerpauschalierung für die Sozialversicherung hat.
Sachverhalt
Ein Unternehmen feierte mit seinen Beschäftigten am 5.9.2015 ein Firmenjubiläum. Am 31.3.2016 zahlte es für September 2015 auf einen Betrag von rund 163.000 EUR die für 162 Arbeitnehmer angemeldete Pauschalsteuer. Nach einer Betriebsprüfung forderte der Rentenversicherungsträger von dem Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von rund 60.000 EUR nach – und zwar zu Recht, wie das Bundessozialgericht entschieden hat (die gegenteiligen Entscheidungen der Vorinstanzen wurden aufgehoben).
Aufwendungen von mehr als 110 EUR je Beschäftigten für eine betriebliche Jubiläumsfeier sind als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig, wenn sie nicht mit der Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später pauschal versteuert werden.
Es kommt entscheidend darauf an, dass die pauschale Besteuerung „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt. Dies wäre im konkreten Fall die Entgeltabrechnung für September 2015 gewesen. Tatsächlich wurde die Pauschalbesteuerung aber erst Ende März 2016 durchgeführt und damit sogar nach dem Zeitpunkt, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden musste.
Merke | Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vertreten im Besprechungsergebnis vom 20.4.2016 (TOP 5) die Auffassung, dass eine nachträgliche Pauschalbesteuerung nur bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung geltend gemacht werden kann, also längstens bis zum 28.2. des Folgejahrs. Dem hat sich das Bundessozialgericht nun im Ergebnis angeschlossen.
Quelle | BFH-Urteil vom 27.3.2024, Az. VI R 5/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 241427; BSG-Urteil vom 23.4.2024, Az. B 12 BA 3/22 R, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 241172, BSG, PM Nr. 15/24 vom 23.4.2024; Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, Besprechungsergebnis vom 20.4.2016, TOP 5, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 230282
Die Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen für die Anschaffung von ab dem Jahr 2022 steuerbefreiten Photovoltaikanlagen ist nicht zu beanstanden. So lautet ein Beschluss des Finanzgerichts Köln in einem Aussetzungsverfahren, der die Sichtweise des Bundesfinanzministeriums bestätigt.
Hintergrund
Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurden Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage, die bisher zu steuerpflichtigen gewerblichen Einkünften führen konnten, unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 72 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei gestellt – und zwar rückwirkend ab 1.1.2022.
Im Hinblick auf eine zu errichtende Photovoltaikanlage haben Steuerpflichtige jedoch im Rahmen ihrer Gewinnermittlungen bzw. Einkommensteuererklärungen für 2021 einen gewinnmindernden Investitionsabzugsbetrag gebildet. Nach Ansicht der Verwaltung sind diese Abzugsbeträge nach § 7g Abs. 3 EStG durch Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für 2021 rückgängig zu machen. Ob dies rechtmäßig ist, ist derzeit umstritten.
Beschluss des Finanzgerichts Köln
In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat das Finanzgericht Köln nun die Auffassung des Bundesfinanzministeriums bestätigt – u. a. soll eine verfassungswidrige Rückwirkung und eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes bereits wegen der begünstigenden Rechtsfolgen des § 3 Nr. 72 EStG ausgeschlossen sein.
Beachten Sie | Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, da der Steuerpflichtige Beschwerde eingelegt hat.
Quelle | FG Köln, Beschluss vom 14.3.2024, Az. 7 V 10/24, BFH: Az. III B 24/24, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240797; BMF-Schreiben vom 17.7.2023, Az. IV C 6 – S 2121/23/10001:001, Rz. 19